Auf dem Weg zur synthetischen Zelle

Eine neue Technik erlaubt die vollautomatisierte Herstellung stabiler, zellähnlicher Kompartimente

16. Oktober 2017
Für die Untersuchung zellulärer Mechanismen und Interaktionen zum Beispiel im Kontext verschiedener Krankheiten spielen Modellsysteme eine kritische Rolle. Forschern des Max-Planck-Instituts für medizinische Forschung in Heidelberg ist es jetzt im Rahmen des MaxSynBio Projektes der Max-Planck-Gesellschaft gelungen, einen Technik zu entwickeln mit der die automatisierte Herstellung einer sehr großen Menge zellähnlicher Kompartimente in kurzer Zeit möglich wird, die dann nach Bedarf mit Zellkomponenten schrittweise und quantitativ beladen werden können. Ihre Stabilität unter natürlichen Bedingungen macht sie besonders wertvoll für eine zukünftige klinische Forschung.

Chemische und mechanische Instabilität, zu geringe und unkontrollierbare Durchlässigkeit und fehlende Techniken zur Beladung – die Herstellung synthetischer Zellen birgt viele Herausforderungen. Dabei sind sie für die Entwicklung von Modellsystemen zur Untersuchung aller Prozesse rund um die Zelle im gesunden und auch kranken Zustand sehr wertvoll. Die Technik, die die Forscher des Max-Planck-Instituts für medizinische Forschung nun entwickelt haben, nimmt viele der bisherigen Hürden in deren Entwicklung.

Vollautomatisiert und manipulierbar

Diese neue Methode erlaubt die automatisierte Herstellung von sogenannten tropfenstabilisierten riesigen unilamellaren Vesikeln (dsGUVs) im Hochdurchsatzverfahren in einer umgebenden Öl-Phase mittels Mikrofluidik. Diese dsGUVs sind Giant Unilaminar Vesicles (GUV) – zellähnliche Kompartimente aus verschiedenen Fettsäuren – welche zunächst in Tröpfchen mit Hilfe von Tensiden stabilisiert werden. Wo bisher eine händische Beladung per Mikroinjektion nötig war, erlaubt diese neue Methode eine vollautomatisierte Beladung durch eine mikrofluidiache Picoinjektion mit einem Durchsatz von bis 1000 Kompartimenten pro Sekunde. Dabei können mit genau einstellbaren Mengen mehrerer Zellkomponenten wie zum Beispiel Transmembranproteine gleichzeitig oder auch in Reihe beladen werden. Dadurch kann die Zusammenstellung der Vesikel sehr spezifisch manipuliert werden und erlaubt den sequentielle Aufbau eines chemisch und mechanisch stabilen, zellähnlichen Systems.

Aus dem Öl ins Wasser

Forschern des Max-Planck-Instituts für medizinische Forschung um Joachim Spatz ist es weiter gelungen, die zellähnlichen Kompartimente aus dem Öl in eine wässrige Phase zu übertragen, ohne dabei die so wichtige chemische und mechanische Stabilität zu verlieren. Durch die Beladung der Vesikel mit oberflächenaktiven Proteinen konnte außerdem gezeigt werden, dass in der wässrigen Phase neben der Stabilität auch die Funktionalität erhalten bleibt.  Diese Übertragung in eine Umgebung, die den natürlichen Bedingungen sehr nahekommt, eröffnet viele Möglichkeiten für die weitere Forschung mit synthetischen Zellen. So können an diesem System auch Interaktionen mit Signalmolekülen, einer extrazellulären Matrix, anderen Zellen oder auch Viren untersucht werden. Modellsysteme vor allem auch für die klinische Forschung sind jetzt einfacher, schneller und in einer großen Masse herstellbar.

Zur Redakteursansicht